Es ist kaum eine Woche her seit meinem letzten Eintrag und die war keineswegs langweilig. Der Grund für dieses Update ist jedoch nicht die vergangene Woche, sondern das bevorstehende interkulturelle Fest, zu dem ich einen eigenen Eintrag machen will. Doch erst zu dem, was in den letzten Tagen passiert ist.
Wie schon angekündigt war ich am Donnerstag mit Chad im Fitnessstudio. Der Versuch mit dem Personal dort zu kommunizieren scheiterte kläglich, da weder sie dort Englisch, noch wir verstehbares Chinesisch sprachen. Allerdings konnte ich die Räumlichkeiten besichtigen und kam so zu meiner langersehnten Übungsfläche für Parkour. Zu Anfang waren mehr Trainer als Sportler da, und obwohl der Service sehr gut war (mir wurde eine ausfürliche Führung durch die Räume zu Teil- auf Chinesisch, einfach nicken und lächeln) fühlte ich mich etwas fehl am Platz. Ich werde also wahrscheinlich nicht noch einmal dort hingehen, da ich mich einfach nicht an die Tatsache gewöhnen kann, dass man immer angestarrt wird.
Auf jeden Fall konnte ich die Gelegenheit nutzen um Parkourrolle, Brücke und Rad zu üben. Dass heißt, dass ich jetzt mit Parkour anfangen kann, sobald ich die Zeit dazu finde.
Der Chinesisch Unterricht in der Schule ist leider nur zwei mal pro Woche, und ich überlege momentan weiteren Unterricht in der Stadt zu nehmen. Ich habe ein paar nette Leute kennengelernt, die Chinesisch unterrichten, also werde ich vermutlich dort hingehen. (Auch wenn ich nicht weiß, wie ich ohene Mobike dort hin kommen soll) Momentan versuche ich 1-2 Stunden pro Tag Chinesisch zu lernen, aber mit allem, was momentan passiert, habe ich einfach keine Zeit. Der Unterricht in der Schule ist allerdings aufgrund meiner Klassenkameraden sehr unterhaltsam.
Da ich kurz zuvor erfahren hatte, dass die ausländischen Lehrer beim Interkulturellen Fest zur Eröffnungsfeier ein Qipao, ein traditionelles chinesisches Kleid tragen und ebenfalls ein chinesisches Volkslied (Mo Li Hua – Jasmin) singen müssen, ging ich am Samstag mit Helen und ihrer Chefin auf Qipao-Jagd. Ich hatte Glück und konnte schnell ein Passendes finden, da Helen allerdings um einiges größer ist als der normale Chinese, musste sie sich damit abfinden etwas mehr auszugeben und sich eines schneidern lassen. Da meine Kreditkarte momentan nicht funktioniert, musste Helens Chefin für mich bezahlen. 🙁 Helen lud mich außerdem zu einer Halloween-Party am Abend ein. So begann mein erstes großes Abenteuer in Hangzhou…
Das Outfit und Makeup war schnell gefunden (schwarz, schwarz, schwarz, und schwarze Tatoos, viel weißer Concealer, dunkler Eyeshadow und roter Lippenstift). Nun stand ich vor der Herausforderung alleine die U-Bahn zu nehmen, um zu der Bar kommen, in der sich Helen und ihre Bekannten treffen wollten. Ihr wisst das vielleicht nicht, aber in Hangzhou gibt es standartisierte Gepäckkontrollen und man kommt nur mit Ticket auf den Bahnsteig. Dazu kam die Tatsache, dass ich kein Münzgeld mehr hatte und Bahnautomaten erfahrungsmäßig immer Probleme haben, Geldscheine zu akzeptieren. Die Bar Wade’s zu finden war ebenfalls nicht ganz einfach, da der Aufzug sehr unscheinbar war und meine Karten auf dem Handy leider immer noch in Chinesisch sind. Ich bin für ca. 15 minuten im Gebäude herumgeirrt, nur um festzustellen, dass der Aufzug draußen ist und den einzigen Weg zur Bar darstellt.
Nach mehrern Bar-Wechseln und einer Menge neuer Bekannter und/oder WeChat-Kontakten, zerstörten Füßen (ich hätte nicht auf Helen hören und die flachen Schuhe anziehen sollen), mehreren Cocktails und Billiard-Spielen und verschieden Tanzstunden (Andre, vielen Dank für DiscoFox) hatte ich endlich genug. Nicht einmal die Tatsachen, dass ich mich in der bestbeschallten Bar Hangzhous befand und Jackson Wang ein in China durchaus beliebter Musiker ist, konnten mich davon abhalten an Ort und Stelle einzuschlafen. Ich nahm also meinen Mut zusammen und hielt erfolgreich ein Taxi an (Ich hatte eventuell auch Hilfe von einer Gruppe junger Chinesen 🙂 ) und schaffte es dem Taxifahrer zu sagen, dass ich zur Lu Cheng Yuhua wollte und kam auch tatsächlich dort an.
Dass ich mich nun alleine in Hangzhou zurechtfinden kann, konnte ich am nächsten Tag gleich ausnutzen. Ich hatte zwar eine Konzentrationsstunde mit einem meiner Schüler, der Rest des Tages war allerdings noch frei. Ich war also fest entschlossen, meine Chinesichkenntnisse auf die Probe zu stellen und die nahegelegenen Xixi-Feuchtgebiete zu besichtigen.
Mir war empfohlen worden dort joggen zu gehen, da sie nur etwa ein Kilometer von der Schule entfernt sind. Nach der „Besichtigung“ komme ich jedoch zu dem Schluss: Für Joggen gibt es viel zu viel Wasser und viel zu viele Touristen. Das Xixi-Feuchtgebiet ist ein 60 Quadratkilometer großes Feuchtgebiet (mehr See mit etwas Erde als sonst etwas), welches man umwandern und mit dem Schiff befahren kann. Das Ganze ist mehr wie ein riesiges Museum mit kleineren Gebäuden und historischen Nachbauten, als ein Naturschutzgebiet. Ich bin am Sonntag nur für insgesamt drei Stunden am Rand des Parks entlang gelaufen, bis ich zu einem Bootanleger kam, und hatte mich auf der Karte kaum bewegt. Allerdings wollte ich die Bootsfahrt nicht alleine unternehmen (und hatte vielleicht auch ein wenig Angst vor dem Tickettkaufen) und nutzte eine der zahlreiche Pagoden um etwas Chinesisch zu lernen. Das was ich von den Xixi-Feutgebieten gesehen habe ist jedoch sehr schön. Die Wege gehen über Brücken und Stege, momentan blühen wilde Hibiskus-Büsche und zumindest am Sonntag schien die Sonne und die Luft war smogfrei.
Letzteres kann man leider von den letzten Tagen nicht behaupten. Ich dachte zuerst, dass es besonders hartnäckiger Nebel wäre, als der sich dann bis abends noch nicht aufgelößt hatte ging mir auf, dass es Smog war.
Am Mittwoch war dann auch die lang ersehnte Probe für Mo Li Hua im Qinqin Campus, welcher moderner, somit schicker, und mit einem eigenen Cafe und Sesseln für Lehrer ausgestattet ist. Wir mussten das Lied auswendig lernen, nun stellte sich heraus, dass sie die ganze Aufführung als Playback spielen werden, und wir nur unsere Münder passend bewegen müssen.
Es eröffnete sich hier außerdem die Möglichkeit mit Stephanie (einer Kollegin) und Nuria (der Spanisch-Lehrerin) mit dem Fahrrad zurück zum Yuhua Campus zu fahren. Die Fahrt selbst dauerte eine halbe Stunde, man muss sich nur etwas behaupten, dann kommt man durch den Verkehr. Wir kauften außerdem passenderweise jede einen Strauß Jasminblumen von einem Straßenhändler.
Stephanie hat außerdem einen Backofen gekauft (das Fehlen von Taobao und Alipay zeichnet sich langsam als echtes Defizit in meinem Leben aus!) Das heißt, dass ich ebenfalls etwas backen kann!! Der Wunsch, Dampfnudeln für meine Kollegen zu machen ist momentan noch ein Traum. Doch mit Taobao kann ich endlich Hefe kaufen. Nichts ist schwerer als der Versuch in China westliches Essen zu kochen. Und ich muss sagen, dass ich es etwas vermisse.
In meinem Alltag hat sich auch einiges verändert: Zu meinen normalen Unterrichtsstunden kommen nun auch noch Konzentrationsstunden hinzu, welche ich mit einem der Schüler, welcher am Ende des Schuljahres auf ein Deutsches Gymnasium wechseln soll, habe. Wie auch immer der Sprung auf eine deutsche Schule mit komplett deutschem Unterricht funktionieren soll… Ich versuche also momentan verschiedene Fächer auf Deutsch durchzugehen, um ihn mit dem neuen Vokabular vertaut zu machen. Er soll immerhin das Abitur schaffen.
Christiane (meine Abteilungsleiterin) hatte mir außerdem die Aufgabe gegeben, für den Austausch mit den zwei deutschen Schulen eine kleine Aufgabe vorzubeiten. Wir hatten uns auf Theaterstücke über chinesische Legenden geeinigt, also verbrachte ich viele Stunden am Schreibtisch, um passende Märchen zu finden und die Gruppen so einzuteilen, dass alle 77 Schüler eine Aufgabe haben. Dreizehn Geschichten habe ich herausgesucht. Zusätzlich wurde mir die Ehre zu Teil, bei dem Student Leaders Summit am 5ten November als Richterin zu agieren, obwohl ich von 9.00 bis 13.30 im Qinqin Campus bin und um 16.30 zum Abendessen mit den Schulleitern muss (bei dem ich übrigens der Mond ist aufgegangen singen werde). Aber die drei freien Stunden sind genug, um ein Richter zu sein. Und alle meine Tage sind so voll.
Wie ihr schon merkt, kommen ereignisreiche Tage auf mich zu, und ich habe es immer noch nicht auf die Reihe bekommen eine Bank zu finden, die mein Visum akzeptiert. Doch ich bekomme das noch irgendwie hin.