IV. Winterferien in Kambodscha

Nach wiederholten Fragen, wann ich denn das nächste Mal einen Blog-Eintrag schreiben werde, habe ich mich jetzt doch tatsächlich einmal an den Computer gesetzt. Ich denke, ich habe das letzte Mal etwas vor Weihnachten hochgeladen?

Wie gesagt hatte ich für Weihnachten leider nicht kein schulfrei, dafür hatte ich vor den Feiertagen überraschenderweise zwei Tage frei: Am Mittwoch hatten mich ein paar Schüler aus der zwölften Klasse gefragt, ob ich nicht mit ihnen nach Nanjing (Nanking) fahren wollte um mit ihnen an der Volljährigkeits-Feier teilzunehmen. Also stand ich um 5 Uhr morgens am Donnterstag vor der Schule und wartete auf das Taxi. Mit dem online gekauften Ticket und einer ID-Karte musste man nun ein Papier-Ticket abholen. Für Ausländer ist dies nun leider nicht so einfach wie für die Chinesen: Während meine Schüler ihre Tickets an den überall im Bahnhof verteilten Automaten abholen konnten, verbrachte ich (lies: einer meiner Schülere mit meinem Reisepass) indeutig zu viel Zeit damit, einen mit Personen besetzten Schalter zu finden.

Die Zugfahrt war nach chinesischer Art sehr kurz und der Zug pünktlich. (Die Deutsche Bahn sollte sich das als Vorbild nehmen.) In Nanjing waren wir erst einmal ein bisschen aufgeschmissen, weil wir alle kein Münzgeld dabei hatten und so Schwierigkeiten hatten die Metro-Tickets zu kaufen. Letztendlich doch im Hotel angekommen, erholten wir uns durch kurzen Aufenthalt in unseren Zimmern. Das Hotel, zusammen mit dem nebenan, war komplett von unserer Schule ausgebucht um den 200+ Schülern einen Schlafplatz zu garantieren. Danach machten wir uns auf den Weg zu der Nanjing-Massaker- Gedenkstätte und einer ca. einstündigen Zeremonie, von der ich neben “苹果und “德国, nur etwas verstanden habe, als die chinesische Nationalhymne angestimmt wurde. Anschließend machten wir uns auf den Weg durch die Ausstellung und es wurden ein paar Gruppenfotos gemacht. Wie ich als der zweite Klassenlehrer oder der Austauschschüler der Deutschen Klasse auf dem Foto abendete, weiß ich auch nicht. Auf jeden Fall hatten wir am Abend Zeit, um die Stadt alleine zu erkunden. D.h.: Unmengen an Essen vertilgen, und zwar in einer Geschwindigkeit, die die Kellner dazu brachten die ganze Zeit an unserem Tisch stehen zu bleiben um Teller zu bringen und abzuholen. Manchmal hatte der Teller noch nicht einmal den Tisch berührt, bevor er leer war. Was kann ich sagen, wir waren sehr hungrig.

Freitag war mehr oder weniger eine Schnitzeljagt in Gruppen von 8 Schülern (und manchmal war auch ein Lehrer darunter) über den 中山陵 (zhongshanling), den Berg auf dem die Gräber vieler berühmter Persönlichkeiten liegen. Das Ganze endete in der touristischen Fressmeile von Nanjing, vor der uns die Busse abholten.

Weihnachten selbst war weit weniger aufregend und auf jeden Fall nicht so feierlich. Wir hatten im Lehrerzimmer ein paar Geschenke verteilt und ein paar Weihnachtslieder mit dem Zoo gesungen. Dadurch, dass wir nicht frei hatten, kam ich allerdings auch gar nicht in eine feierliche Stimmung. Deswegen war auch Neujahr ein wenig komisch. Normalerweise würde ich die Ferien mit Freunden und Familie zu verbringen und so war es etwas ungewohnt, die Feiertage mehr oder weniger allein zu verbringen. Die Schüler nutzten den Samstag vor Neujahr um innerhalb der Klasse Feste zu veranstalten und die zwölfte Klasse schaffte es auch promt mich dazu zu bringen, mit ihnen zu tanzen. Nach zwei Tagen üben (jeweils in der Mittagspause und nach der Schule am Abend) hatten wir „Solo“ so weit, dass wir es aufführen konnten. Tobias hatte sich letztendlich davon überzeugen lassen, den Teil von Jenni( Tänzerin in der Mitte) zu übernehmen und so hatten wir sehr viel Spaß dabei ihm beizubringen, wie er sich „sexy“ bewegen kann.

Meine Kollegin Christiane hatte mich außerdem zu ihr nach Hause eingeladen und ich hatte eine gute Zeit, aber da ich noch kaum Chinesisch spreche, verbrachte ich die Feiertage hauptsächlich mit Lesen und dem Versuch nicht zu erfrieren. Sie hatten nämlich keine Heizung im Haus. Die Familie bestand aus elf Personen, mit mir und der Freundin von Christianes Sohn waren wir insgesamt 13. Das heißt: die Wohnung war immer voll.

Zu Neujahr wurde ein Schwein geschlachtet und gefühlt das halbe Dorf kam zu Besuch. Es war noch voller als normal, und ich bemerkte, dass ich mit meinen dunklen Haaren und nicht existenter Größe doch etwas chinesisch aussehe. Die meisten Menschen werfen mir einen zweiten Blich zu, bevor sie bemerken, dass ich 外国人bin.

Die Ferien endeten viel zu schnell und weiter ging es mit den Konsultationsstunden. Dadurch, dass Helena einen Job als Dolmetscherin an der Universität bekommen hat, erhöhte sich die Anzahl der Unterrichtsstunden nur. Außerdem hatten wir noch die Interviews für mindestens zwei neue Lehrer, da sich das Deutsch-Kollegium bis zum nächsten Jahr stark vergrößern muss (Wir bekommen über 100 neue Schüler; die Umbauarbeiten sind schon in Planung, damit wir mehr Klassenzimmer haben).

Dazu kam die Tatsache, dass alle Lehrer beim Frühlingsfest der Schule teilnehmen mussten. Zum Glück hatte ich schon ein bisschen Erfahrung mit Tanzen, denn als mir endlich jemand erzählte, dass ich auch Tanzen muss, hatten die anderen Lehrern die Choreographie schon mehr oder weniger gelernt. Das Fest selbst war nach chinesischem Stil sehr festlich. Eigentlich hätte ich meinen Qipao tragen sollen, aber da etwas krank war und ich nur einen Sommerqipao habe…. Naja.

Eines der größten Probleme, die vor dem Frühlingsfest auftraten, war allerdings mein Visa. Ich hatte mich entschieden in den Winterferien nach Kambodscha zu fliegen. Ich hatte die Flugtickets schon gebucht und wusste, dass man in dort Visa-on-arrival machen kann. Allerdings hat mein Chinesisches Visa nur eine Einreiseerlaubnis. Ich musste also kurzfristig ein zweites Visa beeantragen um nach Kambodscha wieder nach Hangzhou zu kommen.

Nachdem ich irgendwie alles für Kambodscha organisiert hatte, konnte ich dann auch tatsächlich fliegen. Ich war etwas aufgeregt, da es meine erste Reise war, die ich alleine machen würde. Ich musste in Shenzhen das Flugzeug wechseln und kam erst sehr spät in Phnom Phen an. Ich übernachtete für eine beeindruckende 2,5 Dollar in einem Gemeinschaftsraum und verbrachte die nächsten drei Tage damit Phnom Phen zu erkunden. Mein Aufenthalt dort war relativ angenehm, auch wenn mir Hitze und Sonnenschein nach zwei Monaten im konstanten Regen in Hangzhou etwas zu schaffen machte.

Außerdem: Es ist unglaublich wie viele Touristen es in Kambodscha gibt. Überall sieht man Ausländer, es wird Englisch gesprochen und in Dollor bezahlt. Die einheimische Währung Riel wird mehr wie Cent in Europa benutzt, da 1 Dollar ungefähr 4000 Riel sind.

Ich verbrachte zwei Tage in Phnom Phen und nahm am vierten Tag meiner Reise den Bus nach Sianoukville, eine mehr oder weniger unangenehme (von Chinesesn übernommene) Stadt, die als Tür zu den Inseln Koh Rong und Koh Rong Samloem dient. Nach dieser ersten Inlandsreise ist mir eine Sache klar geworden: Irgendwie findent man in Kambodscha immer einen Weg, das zu machen was man will und dort hin zu kommen wohin man will, doch mit Pünktlichkeit oder Sicherheit während der Fahrt sollte man nicht unbedingt rechnen. Der Trick beim Reisen in Kambodscha ist flexibel bleiben und mindesten drei Stunden mehr als angegeben einzuplanen. Khmer sind hilfsbereit und haben immmer eine Lösung, aber man muss sich auf abendheuerliche (und manchmal überteuerte) Fahrten einlassen und sich nicht zu sehr ärgern, wenn etwas nicht so funktioniert wie geplant.

Ich hatte mich entschieden die etwas ruhigere tropische Insel Koh Rong Samloem zu besuchen und dort einfach ein bisschen zu relaxen. Letztendlich hat das nicht wirklich funktioniert. Zusammen mit meinem Anreisetag war ich nur einen Tag auf der Insel, den ich komplett mit Aktivitäten wie Tauchen oder Bootsfahrten verbrachte, bevor ich am nächsten Morgen weiter nach Kampot gefahren bin. Eigentlich wollte ich nur ein, zwei Tage in Kampot verbringen und dann weiter nach Siem Reap fahren, Ankor Wat und vielleicht Preah Villeah besichtigen, aber irgendwie blieb ich in Kampot hängen. Das heißt: Obwohl in Kambodscha eines der Weltwunder steht, und mir jede Person, die ich getroffen habe gesagt hat, dass man die Tempelanlagen für mindestens einen Tag besuchen muss, habe ich Ankor Wat nicht gesehen.

Dafür ging ich auf Khymer-Style Tagestrips (Fünf Menschen in einem Drei-Personen-Tuk-Tuk, mit sechs Kokosnüssen und der ein oder anderen Jackfruit hinter den Rücksitz gequetscht), lernte Motorrad fahren und fand heraus, dass mich Moskitos lieben.

Da meine Einreiseerlaubnis bis zum 11.02 gültig war (der Tag meines Rückfluges), wollte ich meinen Flug wirklich nicht verpassen und gab so alle abendheuerlichen Abstecher nach Siem Reap in den letzten fünf Tagen auf, bei denen ich eventuell keinen Bus zurück nach Phnom Phen gefunden hätte, und verbrachte die letzten zwei Tage in Cafes und Restaurants mit Klimaanlagen in Phnom Phen, bevor ich zum Flughafen musste. Von den 30°C mit strahlendem Sonnenschein in Kambodscha über ca. 20°C und blauem Himmel bei meinem Zwischenstopp in Guangzhou zu Wolken in Shanghai und Temperaturen, die eindeutig zu kalt für meine zwei übereinander geworfenen T-Shirts waren, wurde das Wetter immer schlechter je näher ich Hangzhou kam. Nach einer sehr kurzen Nacht in einer sehr netten Übernachtungsmöglichkeit in Shanghai (Ankunft 1:00-Abfahrt 7:00) saß ich auch schon wieder im Zug zurück.

Als ich aus der Wenxin Metro-Station kam, regnete es. Meine Freunde sagten mir, dass es auch in den zwei Wochen in denen ich weg war kein bisschen Sonnenschein gegeben hatte. Ich verbrachte meine letzten freien Tage also mit Wohnung aufräumen, einkaufen, mit Freunden und Unterrichtsstunden (sind es dann überhaupt freie Tage??), Nicht-In-Den-Regen-Gehen und versuchte vergeblich meinen Biorythmus auf Tag-wach Nacht-schlafen und nicht umgekehrt einzustellen. Mit dem Beginn des Unterrichts kann ich nur sagen: Die nächsten Ferien(nach Südkorea) können nicht schnell genug kommen.

III. Sightseeing, Kulturfest und Schnee

Ich habe mich wirklich lange nicht mehr gemeldet. Ich muss allerdings auch sagen, dass wirklich viel passiert ist.

Das Internationale Kulturfest war sehr beeindruckend. Ich habe noch nie so ein ausgiebiges Schulfest gesehen. Eine Sache kann ich nun mit Sicherheit sagen: Für Protz und Glanz haben die Chinesen, zumindest hier im Süden, viel Geld. Und da dieses Geld zu zweifellos beeindruckenden Ergebnissen geführt hat, wird dieser Eintrag von vielen Bildern geprägt sein.

Das Kulturfest hatte die offizielle Eröffnungsfeier am Sonntag. Da die deutschen Austauschpartner allerdings schon am Freitag ankamen, hatte ich die Gelegenheit zusammen mit den deutschen Lehrern verschiedene Hangzhouer Sehenswürdigkeiten zu betrachten. Es war für die Meisten der deutschen Kollegen keineswegs das erste Mal, dass sie in Hangzhou waren und so fiel es uns schwer einen Ort zu finden, der noch nicht von ihnen besichtigt wurde.

Der eigentlich Plan mit dem Schiff auf dem Kaiserkanal zu fahren wurde durch einen niedrigen Wasserstand vereitelt. So fiel die Wahl auf Lingyin Tempel. Er liegt in einem Park, welcher durch tausende von in die Bergwand gemeißelten Schriftzügen und Statuen gekennzeichnet ist. Leider regnet es in den letzten paar Wochen fast durchgehend und wir sahen vor lauter Regenschirmen kaum etwas.

Eine Wand im Lingyin Tempel
Säule im Lingyintempel
Regenschirme, Regenschirme,…
Kalligraphie in den Tempelanlagen

Nach dem (für mich zu kurzen und wenig ausführlichen) Besuch des Tempels und der umliegenden Berge, gingen ins nahegelegene Teemuseum. Dass es unzählige Arten von Grünem Tee gibt wird einem erst klar, wenn man vor der meterlangen Wand steht, welche jeden einzelnen darstellt. Der Tee wird dort außerdem vor Ort hergestellt und man kann durch die Teeplantagen wandern. Die Landschaft ähnelt den Weinbergen in Europa.

Teeplantagen
Tee drei verschiedener Qualitäten
Uulongtee im Teemuseum
Xihu (Westsee) nach dem Ausflug in die Teeberge
Auf der Brücke über Xihu

Am nächsten Tag gingen wir zuerst mit dem Boot die Xi xi-Feuchtgebiete besichtigen (viel Wasser; tolle Atmosphäre; unglaublich viele Sonntagsbesucher, vor denen wir zum Glück auf dem Boot sicher waren)

Boot in Xixi
Yao Zheng bei dem Versuch in Xixi einen Mahlstein zu bewegen

Der Nachmittag war mit Vorbereitungen, Fotos und Essen gefüllt. Der Sportplatz war in eine Open-Air Konzerthalle verwandelt worden. Alle Schüler der Schule, Eltern und Lehrer waren auf dem Sportplatz versammelt. Es war eine Bühne aufgebaut worden, die Geschehnisse wurden über Drohnen direkt auf zwei große Leinwände übertragen.

Jan, Ich (im Qipao) Oliver und Kevin
Countdown vor Beginn der Aufführung, so sah es dort aus…
Aufführung der Kongfuschule 1
Aufführung der Kongfuschule 2
Molihua: zum Glück hatten wir eine Opernsängerin

Die nächsten Tage waren für mich mit vielen Schulbesuchen und Festivitäten gefüllt. Zusätzlich war ich noch als Richter für den Student Leaders Summit eingeladen und hatte mich von Christiane dazu verleiten lassen, mit ihr zusammen „Der Mond ist aufgegangen“ beim Bankett mit den internationalen Schulleitern zu singen.

Go-Klassenzimmer in Qinqin
Schülerinnen in der Kongfu-Schule (für Kampfsport)
Kalligraphie in der Hopetownschule mit der Schulleiterin (chin.: Xiexie -Danke)
Nachtisch bei dem Bankett der ausländischen Schulleiter

Das Abschlussfest endete in einer ungeplanten Party, als einer meiner Schüler (Sebi) kurzerhand alle in der Sporthalle Anwesenden zum Tanzen aufforderte, während die Eltern vor dem Schultor auf ihre Kinder und deren Austauschpartner warten mussten. Aber was soll man machen.

Improvisierte und ungeplante Disko (komplett mit Luftbalons und Pikachukopf und der Gefahr von der Bühne zu fallen)

Am Mittwoch war großen Theater-Tag des deutsch-chinesischen Austausches und ich war erschlagen von der Feier am Vortag. Trotzdem war ich sehr zufrieden mit dem, was die Schüler geleistet hatten. Viele der Geschichten wurden in sehr lustigen Versionen dargestellt. So entschieden zum Beispiel Jörg, Kevin, Mint, Oliver und ihre Austauschschüler, dass es zu schwer wäre eine Riesenschlange darzustellen und  adaptierten die Geschichte von Liu Hai und der Riesenschlange kurzerhand. So wurden die Eltern (Mint und Kevin) von Liu Hai (Jörg) von einem Banditen (Oliver) erschossen und nicht von einer Riesenschlange verschlungen. Nachdem Liu Hai beim ersten Versuch den Mörder seiner Eltern zu stellen stark verletzt wird, pflegt ihn eine alte Oma. Diese verlässt er nicht in Dank, sondern in Eile, nachdem er die Unordnung in deren Haus sieht. Später schafft er es seine Rache zu nehmen.

bei der Vorbereitung im Lehrerzimmer
Die glückliche Familie von Liu Hai : Kevin, klein Jörg und Isabella
Der tragische Tod von Liu Hais Eltern durch Bandit/Riesenschlange
Der stolze Kaiser in der Wunderdoktor Bian qe
Wie Chang E in den Himmelspalast aufsteigt: Der Jadekaiser und der Bogenschütze(Kai)

Auch andere Geschichten, wie zum Beispiel die Geschichten von Ashima, den zwei Schmetterlingen oder auch Chang E waren fantastisch dargestellt.

 

Danach folgte glücklicherweise eine Zeit der Entspannung. Ich traf mich mit neuen Bekannten von der Halloween-Party, ging auf ein sozusagen Date mit Wilson und lernte Gaby kennen, eine multilinguale Venezuelerin/Spanierin, die lange Zeit in England gelebt hatte, fließend Französisch, Deutsch und jetzt Chinesisch spricht. Zusammen besuchten wir drei eine chinesische Kletterhalle, die ich trotz meiner immer größer werdenden Kletterlust wohl nicht wieder besuchen werde. (Ich muss sagen, dass die Tatsache , dass Griffe und Wand kaum von Seife zu unterscheiden waren, dabei eine große Rolle spielt.)

Wilson half mir ein chinesisches Bankkonto zu eröffnen, so kann ich endlich auch Alipay nutzen. Und lasst mich nur eins sagen: Sollte ich nicht mehr nach Deutschland zurückkommen wird, dass keineswegs wegen einem Freund/in sein, sondern weil ich den Komfort von Alipay nicht hinter mir lassen will. Fahrrad, U-Bahn, Bus, im Supermarkt und in Geschäften, um Online zu bezahlen und um Freunden nach einer gemeinsamen Mahlzeit Geld zurückzugeben. Alipay macht es so viel einfacher.

Dadurch kann ich auch Taobao benutzen, eine Onlineshopping App für alles und nichts. Klamotten, GO-Bretter und Dinge die in Läden nicht auffindbar oder unbezahlbar sind, wie Käse, kann man sich einfach innerhalb von 2-3 Tagen nach Hause liefern lassen. Da man in China von vornherein eine chinesische Telefonnummer haben muss um auch nur die kleinste Sache zu organisieren, tut mir der Verlust meiner Privatsphäre in dieser Hinsicht auch wenig aus.

Wilson führte mich auch etwas in Hangzhou herum; Wir besuchten den City Center, Dingan Street, waren viel Kaffe/Milchtee trinken und gingen Shoppen in Binjiang. Er half mir auch Photos auszudrucken und so ist meine Wohnung jetzt etwas dekoriert.

Ding-an Road; eine touristische Fressmeile

Mit Wilson, Gaby und ein paar anderen Freunden ( wir waren insgesamt 20) war ich auch im neuen Fantastic Beasts und Venom. Ich hatte die Chance am Westsee entlang zu laufen und kann jetzt stolz sagen, dass ich mich ohne Probleme in großen Teilen Hangzhous zurecht finde.

 

Außerdem habe ich jetzt mit den Unterrichtsstunden in Binjiang angefangen. Das sind Privatstunden, die ich zweiwöchentlich habe. Das einzige Problem dabei ist, dass der Unterricht zwar nur jeweils 1:30 h dauert, ich aber jeweils zwei Stunden einplanen muss um nach Binjiang  oder zurück nach Hause zu kommen. Das heißt, dass ich immer einen halben Tag unterwegs bin.

Binjiang
Ausblick auf den Fluss von Binjiang aus

Zusätzlich zu den normalen zwölf Unterrichtsstunden als Assistenzlehrer und diesen Stunden in Binjiang habe ich jetzt auch sog. Konzentrationsstunden. Das sind Einzelstunden mit ein bis zwei Schülern. Die Schüler sind meistens aus der Klasse 12 und diese Stunden sind als Vorbereitung auf die DSD Prüfung gedacht. Die DSD Prüfung ist die abschließende Deutschprüfung, bei der die Schüler eine Präsentation auf Deutsch halten müssen. Das heißt, dass wir Lehrer ihre PPT und ihren Vortrag kontrollieren und sie so auf das Kolloquium einstimmen müssen, dass sie Sätze auf B1/B2 Level verwenden. Manchmal ist das gar nicht so leicht.

Zu diesem , so schon vollem, Stundenplan kommt nun auch noch der Chinesisch Unterricht in der Stadt hinzu. Ich habe jetzt zwei Doppelstunden jeweils Mittwoch und Freitag. Das heißt, dass ich jetzt sechs Stunden Chinesisch pro Woche habe. Und ich denke, dass es bergauf geht, auch wenn meine Aussprache immer noch schrecklich ist.

Ich und meine Lehrerin Yeva bei einer Chinesischen Ecke im Lokal

Letztendlich arbeite ich jetzt an jedem Tag der Woche.

Die Winterferien rücken auch immer näher. Die Weihnachtsvorbereitungen haben mich dieses Jahr komplett überrumpelt. Ich habe es allerdings geschafft ein paar Kekse zu backen, auch wenn es sündhaft teuer ist Butter und Marmelade zu kaufen. An Weihnachten selbst habe ich zwar nicht frei, aber dafür über Neujahr und für drei Wochen im Februar.

Ich hatte mir überlegt nach Südkorea zu fliegen, aber momentan ist es überall im Norden so sehr kalt. Also vielleicht Indien Thailand oder Kambodscha? Da ist es auf jeden Fall wärmer. So langsam bin ich die Kälte hier in Hangzhou satt, auch wenn ich es endlich geschafft habe meine Klimaanlage anzuschalten und wir letztes Wochenende genug Schnee für mehrere Schneeballschlachten hatten. Ich vermisse auf jeden Fall Snowboard fahren und die Schneeballschlachten mit den Leuten aus der Mika.

Klasse 11 bei einer kurzen Pause in der Schneeballschlacht
Ida bei der Schneeballschlacht mit der 12ten Klasse
Xihu im Winter

Aber naja… Ich will nur fragen: Habt ihr irgendwelche Reisetipps für mich? Kommt einer von euch vielleicht zufälligerweise in meine Ecke der Welt?

II. Abenteuer, Halloween und Organisieren

Es ist kaum eine Woche her seit meinem letzten Eintrag und die war keineswegs langweilig. Der Grund für dieses Update ist jedoch nicht die vergangene Woche, sondern das bevorstehende interkulturelle Fest, zu dem ich einen eigenen Eintrag machen will. Doch erst zu dem, was in den letzten Tagen passiert ist.

Wie schon angekündigt war ich am Donnerstag mit Chad im Fitnessstudio. Der Versuch mit dem Personal dort zu kommunizieren scheiterte kläglich, da weder sie dort Englisch, noch wir verstehbares Chinesisch sprachen. Allerdings konnte ich die Räumlichkeiten besichtigen und kam so zu meiner langersehnten Übungsfläche für Parkour. Zu Anfang waren mehr Trainer als Sportler da, und obwohl der Service sehr gut war (mir wurde eine ausfürliche Führung durch die Räume zu Teil- auf Chinesisch, einfach nicken und lächeln) fühlte ich mich etwas fehl am Platz. Ich werde also wahrscheinlich nicht noch einmal dort hingehen, da ich mich einfach nicht an die Tatsache gewöhnen kann, dass man immer angestarrt wird.

Auf jeden Fall konnte ich die Gelegenheit nutzen um Parkourrolle, Brücke und Rad zu üben. Dass heißt, dass ich jetzt mit Parkour anfangen kann, sobald ich die Zeit dazu finde.

Im Chinesisch Unterricht, bei dem Versuch die Zahlen zu lernen

Der Chinesisch Unterricht in der Schule ist leider nur zwei mal pro Woche, und ich überlege momentan weiteren Unterricht in der Stadt zu nehmen. Ich habe ein paar nette Leute kennengelernt, die Chinesisch unterrichten, also werde ich vermutlich dort hingehen.  (Auch wenn ich nicht weiß, wie ich ohene Mobike dort hin kommen soll) Momentan versuche ich 1-2 Stunden pro Tag Chinesisch zu lernen, aber mit allem, was momentan passiert, habe ich einfach keine Zeit. Der Unterricht in der Schule ist allerdings aufgrund meiner Klassenkameraden sehr unterhaltsam.

Helen (Englischlehrerin) bei der Qipao Anprobe

Da ich kurz zuvor erfahren hatte, dass die ausländischen Lehrer beim Interkulturellen Fest zur Eröffnungsfeier ein Qipao, ein traditionelles chinesisches Kleid tragen und ebenfalls ein chinesisches Volkslied (Mo Li Hua – Jasmin) singen müssen, ging ich am Samstag mit Helen und ihrer Chefin auf Qipao-Jagd. Ich hatte Glück und konnte schnell ein Passendes finden, da Helen allerdings um einiges größer ist als der normale Chinese, musste sie sich damit abfinden etwas mehr auszugeben und sich eines schneidern lassen. Da meine Kreditkarte momentan nicht funktioniert, musste Helens Chefin für mich bezahlen. 🙁 Helen lud mich außerdem zu einer Halloween-Party am Abend ein. So begann mein erstes großes Abenteuer in Hangzhou…

Mein Halloween Kostüm

Das Outfit und Makeup war schnell gefunden (schwarz, schwarz, schwarz, und schwarze Tatoos, viel weißer Concealer, dunkler Eyeshadow und roter Lippenstift). Nun stand ich vor der Herausforderung alleine die U-Bahn zu nehmen, um zu der Bar kommen, in der sich Helen und ihre Bekannten treffen wollten. Ihr wisst das vielleicht nicht, aber in Hangzhou gibt es standartisierte Gepäckkontrollen und man kommt nur mit Ticket auf den Bahnsteig. Dazu kam die Tatsache, dass ich kein Münzgeld  mehr hatte und Bahnautomaten erfahrungsmäßig immer Probleme haben, Geldscheine  zu akzeptieren.  Die Bar Wade’s zu finden war ebenfalls nicht ganz einfach, da der Aufzug sehr unscheinbar war und meine Karten auf dem Handy  leider immer noch in Chinesisch sind. Ich bin für ca. 15 minuten im Gebäude herumgeirrt, nur um festzustellen, dass der Aufzug draußen ist und den einzigen Weg zur Bar darstellt.

Billiard/Spirited Away

Nach mehrern Bar-Wechseln und einer Menge neuer Bekannter und/oder WeChat-Kontakten, zerstörten Füßen (ich hätte nicht auf Helen hören und die flachen Schuhe anziehen sollen), mehreren Cocktails und Billiard-Spielen und verschieden Tanzstunden (Andre, vielen Dank für DiscoFox) hatte ich endlich genug. Nicht einmal die Tatsachen, dass ich mich in der bestbeschallten Bar Hangzhous befand und Jackson Wang ein in China durchaus beliebter Musiker ist, konnten mich davon abhalten an Ort und Stelle einzuschlafen. Ich nahm also meinen Mut zusammen und hielt erfolgreich ein Taxi an (Ich hatte eventuell auch Hilfe von einer Gruppe junger Chinesen 🙂 ) und schaffte es dem Taxifahrer zu sagen, dass ich zur Lu Cheng Yuhua wollte und kam auch tatsächlich dort an.

Dass ich mich nun alleine in Hangzhou zurechtfinden kann, konnte ich am nächsten Tag gleich ausnutzen. Ich hatte zwar eine Konzentrationsstunde mit einem meiner Schüler, der Rest des Tages war allerdings noch frei. Ich war also fest entschlossen, meine Chinesichkenntnisse auf die Probe zu stellen und die nahegelegenen Xixi-Feuchtgebiete zu besichtigen.

Xixi-Wetlands, Foto von einem der Ausblickpunkte. Viele der Wege sind auf Stegen.

Mir war empfohlen worden dort joggen zu gehen, da sie nur etwa ein Kilometer von der Schule entfernt sind. Nach der „Besichtigung“ komme ich jedoch zu dem Schluss: Für Joggen gibt es viel zu viel Wasser und viel zu viele Touristen. Das Xixi-Feuchtgebiet ist ein 60 Quadratkilometer großes Feuchtgebiet (mehr See mit etwas Erde als sonst etwas), welches man umwandern und mit dem Schiff befahren kann. Das Ganze ist mehr wie ein riesiges Museum mit kleineren Gebäuden und historischen Nachbauten, als ein Naturschutzgebiet. Ich bin am Sonntag nur für insgesamt drei Stunden am Rand des Parks entlang gelaufen, bis ich zu einem Bootanleger kam, und hatte mich auf der Karte kaum bewegt. Allerdings wollte ich die Bootsfahrt nicht alleine unternehmen (und hatte vielleicht auch ein wenig Angst vor dem Tickettkaufen) und nutzte eine der zahlreiche Pagoden um etwas Chinesisch zu lernen.  Das was ich von den Xixi-Feutgebieten gesehen habe ist jedoch sehr schön. Die Wege gehen über Brücken und Stege, momentan blühen wilde Hibiskus-Büsche und zumindest am Sonntag schien die Sonne und die Luft war smogfrei.

Letzteres kann man  leider von den letzten Tagen nicht behaupten. Ich dachte zuerst, dass es besonders hartnäckiger Nebel wäre, als der sich dann bis abends noch nicht aufgelößt hatte ging mir auf, dass es Smog war.

Proben für Mo Li Hua

Am Mittwoch war dann auch die lang ersehnte Probe für Mo Li Hua  im Qinqin Campus, welcher moderner, somit schicker, und mit einem eigenen Cafe und Sesseln für Lehrer ausgestattet ist. Wir mussten das Lied auswendig lernen, nun stellte sich heraus, dass sie die ganze Aufführung als Playback spielen werden, und wir nur unsere Münder passend bewegen müssen.

Fahrrandtour mit Stephanie und Nuria

Es eröffnete sich hier außerdem die Möglichkeit mit Stephanie (einer Kollegin) und Nuria (der Spanisch-Lehrerin) mit dem Fahrrad zurück zum Yuhua Campus zu fahren. Die Fahrt selbst dauerte eine halbe Stunde, man muss sich nur etwas behaupten, dann kommt man durch den Verkehr. Wir kauften außerdem passenderweise jede einen Strauß Jasminblumen von einem Straßenhändler.

Stephanie mit Apfelkuchen aus dem frisch gekauften Backofen

Stephanie hat außerdem einen Backofen gekauft (das Fehlen von Taobao und Alipay zeichnet sich langsam als echtes Defizit in meinem Leben aus!) Das heißt, dass ich ebenfalls etwas backen kann!! Der Wunsch, Dampfnudeln für meine Kollegen zu machen ist momentan noch ein Traum. Doch mit Taobao kann ich endlich Hefe kaufen. Nichts ist schwerer als der Versuch in China westliches Essen zu kochen. Und ich muss sagen, dass ich es etwas vermisse.

In meinem Alltag hat sich auch einiges verändert: Zu meinen normalen Unterrichtsstunden kommen nun auch noch Konzentrationsstunden hinzu, welche ich mit einem der Schüler, welcher am Ende des Schuljahres auf ein Deutsches Gymnasium wechseln soll, habe.  Wie auch immer der Sprung auf eine deutsche Schule mit komplett deutschem Unterricht funktionieren soll… Ich versuche also momentan verschiedene Fächer auf Deutsch durchzugehen, um ihn mit dem neuen Vokabular vertaut zu machen. Er soll immerhin das Abitur schaffen.

Christiane (meine Abteilungsleiterin) hatte mir außerdem die Aufgabe gegeben, für den Austausch mit den zwei deutschen Schulen eine kleine Aufgabe vorzubeiten. Wir hatten uns auf Theaterstücke über chinesische Legenden geeinigt, also verbrachte ich viele Stunden am Schreibtisch, um passende Märchen zu finden und die Gruppen so einzuteilen, dass alle 77 Schüler eine Aufgabe haben. Dreizehn Geschichten habe ich herausgesucht.  Zusätzlich wurde mir die Ehre zu Teil, bei dem Student Leaders Summit am 5ten November als Richterin zu agieren, obwohl ich von 9.00 bis 13.30 im Qinqin Campus bin und um 16.30 zum Abendessen mit den Schulleitern muss (bei dem ich übrigens der Mond ist aufgegangen singen werde). Aber die drei freien Stunden sind genug, um ein Richter zu sein. Und alle meine Tage sind so voll.

Wie ihr schon merkt, kommen ereignisreiche Tage auf mich zu, und ich habe es immer noch nicht auf die Reihe bekommen eine Bank zu finden, die mein Visum akzeptiert. Doch ich bekomme das noch irgendwie hin.

PS: Vikki, du weißt gar nicht wie viel Katzen es hier gibt. In allen Farben und Größen

I. Ankunft in Hangzhou, China

Aufgrund der Vielzahl an Stimmen, welche von mir hören wollen, habe ich mich dazu entschieden einen Blog zu schreiben. Da ich die Texte zusätzlich zu meiner Arbeit und etwaigen Freizeitbeschäftigungen verfasse, müsst ihr euch auf sparsame Auskunft einstellen.

Wie ihr schon wisst bin ich am 09. Oktober 2018 in das Flugzeug von Frankfurt am Main, Deutschland nach Shanghai, China gestiegen um die nächsten neun Monate in Hangzhou an der Green Town Yuhua School als Assistenzlehrer Deutsch zu unterrichten.

Trotz großer Aufregung am Flughafen (Bezüglich Gepäck- und Passkontrolle; der Frage, ob mein Gepäck in Shanghai ankommen wird und ob ich das Umsteigen in Dubai alleine schaffen werde) bin sicher und ohne das kleinste Problem in Hangzhou angekommen. Ich bekam zwar einen ersten kleinen Kulturschock, als ich meine Fingerabdrücke scannen und meinen ersten Übernachtungsort (Ich wusste nur, dass ich an der Lu Cheng Yuhua Xuexiao übernachten würde, aber hatte die genaue Adresse vergessen) angeben musste. Allerdings holte mich eine meiner Kolleginnen am Flughafen ab, sodass die Taxifahrt nach Hangzhou reibungslos, verlief.

Blick von der Haustür aus

An der Schule selbst wurde mir meine Wohnung gezeigt: Viele der Lehrer wohnen auf dem Campus der Schule, ich bekam ein überraschend großes und fertig eingerichtetes Apartment mit  großem Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und zwei Balkons.

 

Alle Rechnungen, welche in der Wohnung anfallen (Wifi, Strom, Wasser, eventuell einmal Gas, wenn es funktioniert) werden von der Schule bezahlt.

Schon am ersten Abend stellte sich ein Nachteil Chinas heraus: Sie wissen leider nicht was Pizza ist. Frittierter Boden und keine Tomatensoße… Aber naja.

Andererseits: Warmes Wasser ist mit dem Boiler herzustellen; eine Waschmaschine und Kühlschrank sind vorhanden; das Hahnwasser ist zwar nicht trinkbar, dafür gibt es allerdings einen Trinkwasserspender (den man allerdings trotz so gut wie nicht existenten Chinesisch selbst auffüllen muss). Der schwarze Staub lässt sich nach etwas putzen gut entfernen. Aufgrund meiner Schläfrigkeit im Flugzeug und im Taxi hatte ich nicht einmal ein Jetlag.

So gesehen konnte mein Aufenthalt in China nicht besser los gehen.

 

Von der Dining Hall zum Multimedia Gebäude, eine Kollegin
ein Schulgebäude

Das Schulgelände ist schön. Man kann in Hangzhou eine Pflanze setzen und es wird in kürzester Zeit ein Baum daraus. Der Campus ist also sehr grün. Die Gebäude sind dezent protzig, aber das kann ja nicht Schaden.

Bevor ihr fragt: Ja, die Schüler tragen Schuluniformen. Nein, sie sehen nicht so aus wie in Anime und anderen Serien. Es gibt zwar ein formales Outfit, getragen wird meist aber die gemütliche Version, welche mehr wie Sportklamotten aussieht. Es gibt keine Regelungen  bezüglich Klamotten für Lehrer, und viele der Menschen laufen auch mit kaputten Jeans ect. auf der Straße herum ( Ich hätte also meine löchrigen Hosen mitnehmen können!) Trotzdem sind die Chinesen insgesamt besser gekleidet als wir Deutschen. Das könnte auch daran liegen, dass Klamotten, wie eigentlich alles sehr günstig sind. Und spottbillig, wenn man über das Internet bestellt.

Lehrerzimmer, Helena
Meine Kollegen (bis auf die Frau im roten Pulli)

Überraschend war: Die Tatsache, dass jede Fachrichtung ein eigenes Lehrerzimmer hat.  Außerdem gehen Schüler und Lehrer viel freundlicher und freundschaftlicher miteinander um, als  es in Deutschland möglich wäre. So kommt es durchaus mal vor, dass sich Lehrer und Schüler einmal umarmen oder zusammen Essen gehen. EIne Kollegin, die Deutsch-Abteilungsleiterin, hat mir sogar empfohlen einen der Schüler zu bitten, das Chinesisch in meiner Wohnung zu übersetzen. Wir haben nicht sehr viel Unterricht, zumindest nicht für sechs Lehrer, allerdings kommen sie Schüler ins Lehrerzimmer um Tipps zu bekommen oder um weiteren Unterricht zu bitten. Meistens findet dieser im Lehrerzimmer oder einem der zwei Deutschräume statt. Es ist durchaus möglich, dass Schüler an den Computern der Lehrer arbeiten um Projekte zu bearbeiten. Ich habe jetzt also eine Menge neue WeChat Kontakte und hoffe darauf, dass die Zwölftklässler mir nach ihren Prüfungen die Stadt zeigen können. Da der Herbst in Hangzhou sehr kurz ist, habe ich nur noch ca. 1 Monat Zeit um Sightseeing zu gehen, bevor es sehr kalt wird.

Die Schüler sind leider meist sehr beschäftigt: Unterricht beginnt um 7:00; von 12:00 bis 13:00 ist Mittagspause; von 17:10 bis 18:10 ist Abendpause; um ca 19:30 ist Unterrichtsschluss. Dann kommen Hausaufgaben (Ich schätze 2-3h). Samstag ist theoretisch frei, allerdings gehen viele Schüler zum Extraunterrricht von Nachhilfeschulen in der Stadt. Sonntag gibt es wieder ein paar Stunden in der Schule… In China zur Schule gehen ist hart.

Diesen Zettel muss ich die sechs Monate bis zur Verlängerung behalten!

Zusätzlich wusste ich nicht, dass man sich am ersten Tag nach er Ankunft bei der Polizei melden muss. Außerdem: Ohne Alipay ist man eindeutig benachteiligt in China. BikeSharing, ein Taxi rufen, Bus oder Bahn fahren, Dinge bestellen. Alipay macht das Leben unglaublich einfach. Man kann mit Bargeld bezahlen, wird aber oft schräg angesehen.

Nachdem ich mit zwei meiner Kolleginnen die nötigsten Haushaltsgegenstände und etwas Essen gekauft hatte, konnte ich sogar alleine einkaufen gehen. Momentan bin ich nämlich von Chinesisch sprechenden Kollegen und Freunden sehr abhängig. Ich kann jetzt immerhin alleine: Wasser bestellen, Einkaufen gehen, U-Bahn fahren, und nach 8:00 das Schulgelände betreten. Das erste Mal, dass ich durch die Schranke musste, habe ich dem Wächter fast erzählt, dass ich Lehrer heiße…

Das erste Wochenende in Hangzhou war in sofern aufregend, dass eine Musiklehrerin aus Deutschland mit unseren Schülern ein Projekt veranstalten wollte. Somit verbrachte ich mein erstes, eigentlich freies, Wochenende damit den Schülern deutsche Gedichte und Lieder beizubringen.

Frontaler Chor

Die meisten Schüler hatten nur ein paar Monate bis ein Jahr Deutsch gelernt, da die 12 Klasse demnächst Prüfungen hat und nicht teilnahm. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass Aussprache und vor allem das Auswendiglernen deutscher literarischer Texte schwer war. Dazu kamen noch die hohen Ansprüche von der Lehrerin, deren Ansprüche Perfektion sind.

Auftritt am ersten Wochenende, Gruppenbild

Letztendlich war das ganze ein großer Erfolg, wenn der Auftritt auch etwas kurz war. Grün, Grün, Grün sind alle meine Kleider (Chor), verschiedene Gedichte von Heinz Erhardt  (einzelne Schüler oder Gruppen) und Fantastische Solo Auftritte von Kai (Der Mond ist aufgegangen) und Pauline (Lorelei) und Stern über Bethlehem. Kai ist jetzt mehr oder weniger berühmt in der Stufe, da er so gut singen kann!

 

In der nächsten Woche lernte ich die Klassen besser kennen, übernahm eine Stunde der 12 Klasse über Extremsport, welche in einem Danceoff endete; Korrigierte Hausaufgaben (Alle HA der Schüler müssen abgegeben und kontrolliert werden); Half verschiedenen Gruppen des Wettbewerbs am nächsten Wochenende ihre Texte zu kontrollieren und bereitete mich mental auf eine Aufführung von Faust (wenn auch vereinfacht) im Frühling vor.

Eine Unterrichtsstunde, als der Musiklehrer mit den Schülern üben wollte
Unterricht an einer anderen Schule, Deutsche Namen

Ich muss sagen, dass die Aufführung einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat: Das Lieblingstier der Schüler wird für immer der Kabeljau sein; Das Wort Schade wir mit besonderer Betonung ausgesprochen; Grün, rot und schwarz sind die populärsten Farben; Das Meer ist blau und das Meer ist weit; Und nicht zuletzt die große Liebe zu Wörtern mit G, wie Gefährlich, Geliebte, Gesäß, Getränke Gebracht, Getroffen oder auch Großes Glas.

Ich helfe der Abteilungsleiterin verschiedene Klassen an anderen Schulen zu unterrichten und lerne dabei die Stadt ein bisschen besser kennen. Das Herumfahren ist viel Arbeit!

 

Zusätzlich war ich bei einem Essen mit den Schulleiter, den Vizeschulleitern, Sprachlehrern und verschiedenen anderen Persönlichkeiten. Dadurch, dass es im besten Restaurant Hangzhous stattfand und ich kaum Chinesisch spreche, fühlte ich mich etwas am falschen Ort.

Restaurant, die Räume sind einzelne Häuser auf dem West Lake

Trotz der Aussage des Xiaozhang, dass wir eine große Familie seien, spürte man den Druck der mit den Unterschieden in der Stellung zwischen den Anwesenden kam. So hatte meine deutsche Kollegin seit einem Monat versucht einen neuen Herd zu bekommen. Als der Schulleiter davon erfuhr, war am nächsten Tag morgens der neue Herd da. Auffallend war auch die Tatsache, dass es Ausländische Lehrer an der Schule, Ausländer in China im Allgemeinen, abgesehen von der Sprachbarriere, viel einfacher haben als Chinesen. Wir haben bessere Arbeitszeiten, größere Wohnungen und werden besser behandelt. So bekomme ich zum Beispiel zusätzlich zu meiner normalen Bezahlung 500 Yuan um in der Kantine zu essen. Der Gehalt wird mir übrigens bar ausgezahlt.

Das Problem ist nun nur noch die Tatsache, dass ich für das sozusagen überlebenswichtige Alipay ein chinesisches Bankkonto brauche. Naja, eine Kollegin wird mit mir zur Bank gehen. Da man nur einen Ausweis zur Erstellung braucht liegt das einzige Problem im Chinesisch.

Mats, David, Yola, Kevin, Ron
Moderator, Sebastian(Sebi), Helena, Sebi(Sebastian), Levi, ein Anderer Typ

Ich hatte schon erwähnt, dass manche Schüler sich auf einen Wettbewerb vorbereiten: Der Wettbewerb hieß 2nd German Style Zhejiang Competition. Es gab drei Gruppen von unseren Schülern. Alle waren eindeutig unter den Besten des Abends. Sebi, Helena, Sebastian und Levi haben letztendlich den ersten Preis. Sie hatten das Thema Komödie und Tragödie und haben ein lustiges Theaterstück aufgeführt. Sebastian ist sehr ehrgeizig, und hat deswegen viel Arbeit in das Projekt gesteckt. Der Pokal steht jetzt bei uns im Lehrerzimmer.

An dem Abend war ich mit manchen Schülern (Sebi, Yola, Ron und Mats) Essen.

Die dringenden Probleme habe ich also gelöst: Trinkwasser ist da, ich verstehe meine Geräte, habe einen Vertag (auch wenn ich von dem buchstäblich nur Chinesisch verstanden habe), und konnte mit Helen, einer Highschool Englischlehrerin Klamotten kaufen gehen.

Jogginstrecke
Kanal

Eine Joggingstrecke am Kanal entlang habe ich ebenfalls gefunden. Sie ist ca. 4km lang, un dich habe sogar eine Partnerin gefunden. Als Ausgleich für den Verlust von Klettern & Co habe ich mir überlegt mit Parkour anzufangen. Chad würde mir mal sein Sportcenter zeigen, damit ich in sicherer Umgebung üben kann.

Ich besuche Dienstags und Donnerstags Chinesisch Klassen und Habe mich mit meinen drei „Klassenkameraden“ angefreundet. Chad, Harry und Chloe sind Middleschool Lehrer. Mit den Letzteren war ich am Dienstag auch vor dem Mittagessen in einem Cafe, zu dem wir cooler Weise auf Mopeds gefahren sind. Da die Chinesen tatsächlich noch rücksichtsloser Fahren als die Italiener, gewöhnt man sich schnell an das Sichdurchschlängeln und konstante Chaos und erlernt die nötigen Tricks.

Für alle Go-Interessierten: Ich habe Kontakt zu einem 3d hier in Hangzhou, der mir Unterricht geben will. Ich sortiere hier alles und dann geht’s los!!

Da ich jetzt doch sehr viel geschrieben habe, hoffe ich, dass eure Neugierde gestillt ist.  Ich bin über WhatsApp nicht wirklich erreichbar, wenn ihr mir unbedingt etwas schreiben wollt, tut das entweder über meine E-Mail (hanna@mueller101.de) oder über WeChat. Carla, das ist eine explizite Einladung für dich!!!

Ich erhebe keinen Anspruch auf grammatikalische Richtigkeit und Rechtschreibung, auch wenn ich jetzt Deutsch unterrichte!

Ich schaue mal, wann ich das nächste Mal die Zeit finde, um mich für Stunden an den Laptop zu setzen.

Vom Rhätikon in die Silvretta – 04.08.-12.08.2018

Dieses Jahr wollten wir – Christine, Christof und Erik – mal wieder eine Hüttenwanderung machen. Die Idee war, nicht so weit weg zu fahren. Ein Blick auf die Karte, eine Selbsteinladung bei unserem Freund Veit und ein paar wenige Hüttenreservierungen machen die Planung einfach. Es soll von Schiers im Rhätikon bis in die Silvratte gehen. Und natürlich ist auch unsere Madrisa-Hütte mit 2 Übernachtungen eingeplant.

Samstag 04.08.2018 – Anreise mit Bahn und Bus nach Schiers

Mit Bahn und Bus gehts morgens nach Fanas zur Talstation der Seilbahn. Wir sind mit unseren Rucksäcken voller Mitbringsel für Veit auf der Alpe froh, die meisten Höhenmeter mit Hilfsmittel zurücklegen zu können. Oben an der Bergstation treffen wir dann auf Veit, der mit AlpkollegInnen beim Klönen ist. Der Weiterweg zur Alp Fadur zieht sich an steilen Hängen entlang – hier ist die Alpwirtschaft sicher kein Zuckerschlecken.

Sonntag 05.08.2018 – Kühetreiben und Zäune stellen

Natürlich hat der Älpler seine erste Inspektionsrunde schon vor dem Frühstück hinter sich gebracht. Wir dürfen ihm aber dann noch helfen, den einen oder anderen Zaun zu stellen und unterstützen ihn beim Treiben der Kühe von der einen zur anderen Weide. Das geht zu dritt besser als alleine. Die Rindviecher sind aber dann doch ziemlich groß und respekteinflößend – vor allem, wenn man am steilen Hang unter ihnen steht.

Kühe treiben auf der Alp

Nachmittags haben wir auch noch ein wenig freie Zeit und besteigen die Girenspitz (nicht die bei St. Antönien). Das Abendessen findet dann vor der Hütte bei bestem Panoramablick statt.

Montag 06.08.2018 – Rhätikon-Höhenweg

Nach einem netten Frühstück gehts übers Fadurer Fürggli auf den aussichtsreichen Rhätikon-Höhenweg. Heute ist zum Glück nicht viel los. Ein paar Kletterer sind in den steilen Südwänden von Kirchlispitzen und Drusenfluh unterwegs.

Blick zum Schweizer Tor

Nachmittags treffen wir auf der Carschina-Hütte ein und manche machen noch einen Ausflug in Richtung Sulzfluh. Die Hütte ist gut besucht – viele Familien mit Kindern, die von Antönien den kurzen Weg hochgekommen sind.

Dienstag 07.08.2018 – Über Partnun und Antönier Joch nach Gargellen

Blick zum Riedchopf

Über schöne Wiesen und (zum Glück nur kurze) Fahrstraße kommen wir zur Partnunstafel wo wir in Richtung Antönier Joch aufsteigen. Bis hier sind wir fast allein – vom Antönier Joch herunter ist man fast wie auf der Ameisenstraße unterwegs. Die Wander-Runde über Gafier Joch zum Antönier Joch mit Ausgangspunkt Bergstation Schafberglifte ist wohl die Hauptattraktion des Tals.

Wir haben aber keine Berührungsängste – hinunter nach Gargellen nehmen wir knieschonende, aber teure „Mountain-Carts“. Shoppen im Dorfladen und Eisessen in der uns vom Winter wohlbekannten Eisdiele bieten sich an.

Nach kurzem Aufstieg gelangen wir zur Madrisahütte wo wir Franz Wild mit Familie als Gesellschaft haben. Der Abend ist mit Selbstkochen sehr entspannt.

Mittwoch 08.08.2018 – Gargeller Madrisa, Madrisahorn

Wir bilden Neigungsgruppen. Christof und Erik besteigen zuerst die Gargeller Madrisa und dann das Madrisahorn. Christine ist gemütlicher unterwegs und wir treffen uns am Gafier Joch, welches wir von vielen Skitouren sehr gut kennen. Zu Fuss ist der Abstieg natürlich etwas langsamer, aber auch schön.

Auf der Gargeller Madrisa
Abstieg vom Madrisahorn – mit Ski ist das besser

Im Sommer kann man hier oben sehr schön die unterschiedlichen Gesteine bewundern. Im Rhätikon findet man den Kalk – im Montafon und der Silvretta gibt es Urgestein.

Donnerstag 09.08.2018 – Tübinger Hütte

Die Etappe zur Tübinger Hütte übers Valzifenztal und Valzifenzer Joch ist landschaftlich sehr schön – aber auch ziemlich weit. Insgesamt aber gut zu schaffen und sicher besser als übers Vergaldner Tal. Vom Vergaldner Joch hinunter ist der Weg ein Stück kettenversichert aber unproblematisch.

Blick zur Tübinger Hütte und in die Silvretta

Freitag 10.08.2018 – Klostertaler Hütte

Morgens gibts leichten Nieselregen und Nebel. Die Hüttenwirtin der Tübinger Hütte macht Stress und möchte uns ins Tal hinunterschicken um dann mit dem Bus und der Seilbahn zur Bielerhöhe zu gelangen.

Da es nachmittags besser werden soll und das Gelände nicht extrem sein wird, schlagen wir den Rat in den Wind und machen uns auf den Weg. Hinauf ins Plattenjoch regnet es noch ein wenig. Aber dann macht es auf, so daß wir gleich noch die Westliche Plattenspitz mitnehmen. Hinüber zur Seelücke geht es auf ganz gut markiertem Steig unproblematisch weiter.

Die gemütliche Saarbrücker Hütte erreichen wir dann in dichtem Nebel und geniessen einen hervorragenden Eintopf.  Ein wenig die Fahrstraße hinunter und man kommt auf den markierten Steig in Richtung Litzner Sattel. Leider ist auch hier die Sicht nicht so gut so daß wir uns den Großen Litzner nur vorstellen können.

Der Abstieg zur Klostertaler Hütte übers Verhupftälli ist zwar leicht zu finden, aber wegen Steilheit und Nässe muss man schon ein wenig aufpassen. Den Bach überwindet man dann über den Steg und gelangt zur Hütte.

Bachüberquerung im Klostertal

Auf der Hütte ist gerade ein Team vom DAV mit Wartungsarbeiten zugange. Wir brauchen aber nicht mitzuhelfen und geniessen den Abend mal wieder mit Selberkochen und Holzmachen. Perfekt.

Samstag 11.08.2018 – Silvretta-Hütte

Noch im Nebel brechen wir in Richtung Rote Furka auf. Die Wolken reissen immer wieder auf so daß wir nachlässig werden und den Abzweig zur Furka verpassen. Das ist aber kein Problem, so können wir die tollen Böden unterhalb der Tällispitz zwei mal durchlaufen. Als wir dann auf der Roten Furka stehen, ist dann auch die Sicht auf den Silvrettagletscher perfekt.

Blick zum Silvrettagletscher

Über einen schönen Steig gehts hinunter zur Silvrettahütte. Da es Samstag abend ist, ist die Hütte gut voll. Aber was solls.

Sonntag 12.08.2018 – Abstieg nach Klosters

Wir nehmen den Umweg übers Galtürtälli und gelangen auf einem sehr schönen Weg hinunter zur Alpe Sardasca. Leider gibts hier keine Trottis zu leihen. Aber man kann die Fahrstraße meistens vermeiden. In Monbiel fährt dann der Bus und ein paar Stunden später sind wir dann dank SBB und DB ganz ohne Staus in Karlsruhe zurück.

Fazit:

Empfehlenswerte Hüttenwanderung durch unterschiedliche Gebirge und Gesteinsarten. Die zwei prima Selbstversorgerhütten (Madrisa-Hütte und Klostertaler Hütte) sowie Einkaufsmöglichkeit sind ideal um die Rucksäcke leicht zu halten.

Sehr schön war auch, daß meistens wenig los war und wir nur selten jemand getroffen haben. Ausnahmen waren der Hot-Spot oberhalb von Gargellen, die Carschina und Silvretta-Hütte.

Als alternativer Startpunkt bietet sich Seewies und die Schesaplana Hütte an.

An- und Abreise mit der Bahn empfiehlt sich.

 

Familienskitouren in der Dauphiné – 7.4. 2017 bis zum 16.4. 2017

Familienskitouren in der Dauphiné       

Erprobt vom 7.4. 2017 bis zum 16.4. 2017

Von: Julia und Ronja, 14 (Julias von legendärem Gipfelehrgeiz besessene Tochter), Erik und Christoph, 15 (Eriks Sohn, angehender Seilträger). Mir, Uta, als (auto?)pädagogische Supervision.

Wenn die jugendlichen Kinder dringend Bewegung brauchen, sollte man eine Skiurchquerung der Dauphiné (Ecrins Massiv) ins Auge fassen. Eine vorzügliche Zeit dafür bieten die Osterferien.

Anfahrt: Auf vielen Ferienanfahrten erprobt und für gut befunden ist das nächtliche Anfahren, so zum Beipiel Abfahrt Karlsruhe 18 Uhr, Ankunft 2:00 in la Bérarde, 1713m, ein Dörfchen mit vielen großen Parkplätzen. Es empfiehlt sich hier ein Wohnmobil, um den Schlaf möglichst unterbrechungsfrei zu gestalten.

 

Tag 1: Als sehr guten Einstieg für diese Durchquerung befinden wir das 700hm Ski tragen: Aufstieg den Vénéon entlang nach Süden und auf einem Südhang zum Refuge de Temple Écrins, 2410m.

Der spartanische Winterraum des Refuges stellt zwei Töpfchen zur Verfügung, in denen mit Hilfe des mitgebrachten Kochers unter hohem logistischen Aufwand warme Nahrung erzeugt werden kann.

!!Familientip: Es gibt genug Decken um mehrere Höhlen zu bauen.

Tag 2: Aufstieg zum Col de la Temple, 3321m. Die Weckzeit sollte zur Unterstützung der guten Laune nicht zu früh gewählt werden, für uns hat sich 5:00 Uhr bewährt, mit Aufbruchzeit 6:30. Schon bald wendet man die beliebte Skitragetechnik kombiniert mit Steigeisengehen in einer ersten hart gefrorenen steilen Tragepassage an. Für die Fürsorgenden gibt es die Möglichkeit dort am Vortag Spuren in den weichen Schnee zu stapfen.

Hinauf geht es nun auf Skiern zum Col de la Temple durch das weite Becken des gleichnamigen Gletschers. Diversen schmerzenden Stellen sollte genügend Gesprächsraum gegeben werden, damit man sich durchwegs entspannt um 11 Uhr abfahrtbereit machen kann. Es folgen ein paar Schwünge im ostseitigen Firn, eine Einfahrt in eine nicht ganz einsehbare steile Rinne und bei wenig Schnee eventuell Zeit für die Übungseinheit „Steigeisen im steilen absturzgefährdeten Gelände anziehen und kontrolliert absteigen“.

Nach dieser interessanten Passage wird mit der ersten längeren Abfahrt der Durchquerung die positive Grundstimmung erzeugt, die für den 600hm Aufstieg auf das Refuge du Glacier Blanc, 2542m, benötigt wird. Kinder wie Erwachsene können auf einem nicht durchwegs spaltigen Gletscher, dem Glacier Noir, Skitechnik in unterschiedlichen Schneearten und Steilheiten praktizieren.
Auf 1950m trifft man auf den Hüttenweg des Refuge, dessen erste steile 300m in Kehren zu Fuß erstiegen werden. Französisch wird hier geübt durch ein Bonjour auf den Lippen, das von den Herabsteigenden auch teilweise erwidert wird. Das Refuge ist bald ständig zu sehen und es empfiehlt sich, die restlichen 300hm vom „schlimmsten Hüttenaufstiegsweg überhaupt“ in angemessener Distanz zu den Schutzbefohlenen zurückzulegen.

Tag 3: Als Einstimmungstour auf den am folgenden Tag anstehenden Dôme de Neige empfehlen wir den Roche Faurio, 3730m. Ein Frühstückszeit von 5:00 ist unbedingt durchzusetzen, damit man an dem berüchtigten dritten Tag genug Zeitpolster hat.
Psychologisches Geschick braucht es hier schon früh im Aufstieg, wenn man die nächste Unterkunft, das Refuge des Écrins, 3175m, passiert. Durch einfühlsames gegeneinander Ausspielen kann noch im Chillwilligsten das nötige Fünkchen Ehrgeiz geweckt werden, um an der Hütte vorbeizuziehen.
Wenn schon kein halber Pausentag eingelegt wird, so sollte man beim Aufstieg doch der unkoordinierbaren Aufeinanderfolge von Ausziehen, Trinken, Anziehen, Pipi machen, Tapen, Anziehen, Essen, Ausziehen, Tapen etc. mit höchster Geduld entgegenkommen. Schließlich gilt es nach einer wirklich schönen Abfahrt noch den 150hm Anstieg zur Hütte zu bewältigen.

!!Nachgedacht: Hat man nun das Bedürfnis, diesen Hüttenanstieg durch das Ausziehen der Skihose in kurzer (Unter)hose angenehmer zu gestalten, muss man bedenken, das dies dem begleitenden Kind in höchster Weise unangenehm, ja sogar äußerst peinlich ist, auch wenn keine fremden Menschen zugegen sind. Ob diese schwere Trauma Spätfolgen haben könnte, muss jede(r) Erziehungsberechtigte selbst beurteilen und danach entscheiden.

Tag 4: Dieser Tag bietet mit dem Dôme de Neige, 4015m, sicher den touristischen Höhepunkt der Durchquerung. Hier sollte man sich nicht selbst unter Druck setzen, Abmarsch um 6:00 reicht bei weitem. Der Jugend kann man in Anbetracht des kurzen Aufstiegs von 1000hm und des erholsamen Trödeltags davor ohne schlechten Gewissens zum Seiltragen animieren und es beim Aufstieg bei einer kurzen Trinkpause belassen. Für die Abfahrt auf dem teils extrem steilen und spaltigen Gletscher ist es abhängig von den Schneebedingungen ratsam dem jugendlichen Ungestüm durch Vorausfahren eine gewisse Bahn vorzugeben.

Tag 5: Am fünften Tag muss bei dieser Durchquerung der sehr steile Col Emile Pic bewältigt werden, der sich je nach Schneelage sehr unterschiedlich präsentiert. In jedem Falle ist die Familientauglichkeit garantiert, wovon auch der Hüttenwirt des Refuge des Écrins überzeugt ist. Für die ganze Familie ist es nach Tagen eintönigen Skischlurfens eine willkommene Abwechslung am selbst installierten Fixseil durch eine bröselige steinschlägige Rinne mit einer luftigen 3er Kletterstelle zu steigen. Da sich im Col die Gelegenheit zum Schneehöhlenbau bietet, finden die Erwachsenen die Möglichkeit den Gipfel des Roche Émile Pic zu befahren ohne sich allzu weit aus der aufsichtspflichtigen Zone zu entfernen.

Die folgende Abfahrt über den Glacier des Agnaux zum Glacier de la Plate des Agneaux ist geeignet für jede Altersstufe und es mangelt auch hier nicht an Möglichkeiten, an der Skitechnik zu feilen. Die Übergangsrinnen auf den zweitgenannten Gletscher sind bei wenig Schnee nicht alle befahrbar. Hier kann man Vertrauen demonstrieren, indem man den Jüngeren die Vorfahrt überlässt.

Das flache Tal hinaus geht es nun zum Refuge de l’Alpe de Villar–d’Arêne, 2077m, in welchem man für einen Pausentag zwei Nächte einplanen sollte. Da unterwegs das Bad in der jungen Romanche wieder Ursprung großer Peinlichkeitgefühle sein könnte, sei erwähnt, dass es im Refuge bei Sonnenschein eine warme Solardusche gibt. Wer das Naturerlebnis jedoch vorzieht, kann seinen Spross gut geschützt vor unangenehmen Anblicken hinter einem der im Gletscherrückzugsgebiet reichlich vorhandenen Hügel warten lassen.

!!Familientipp: Die Hüttenwirtin Sabine, eine gut deutsch sprechende Dame, fragt am Vorabend jede Gruppe nach Tourenziel und Frühstückszeit. Hier schiebt man, möchte man früher aufbrechen als nötig, das Tempo der Kinder als Grund vor und wird –außer bei letzteren – auf Verständnis treffen.

Tag 6: Unsere Empfehlung: Pausentag mit nur 1100hm zum Col des Agneaux, 3157m.

Tag 7: Aufgrund der etwas längeren Etappe sollte man heute schon um 4:00 wecken. Hat man in den letzten Tagen alles richtig gemacht, wird diese Ankündigung nun nur noch stumme Resignation hervorrufen. Die Grand Ruine, 3765m, ist 1700hm entfernt, dennoch möchte man nicht, dass sich der Tag zu sehr in die Länge zieht, weshalb eine gute Pauseneinteilung wichtig ist. Als zumutbar hat sich erwiesen, nach 600hm eine kurze Trinkpause einzulegen und nach 1200hm erst die Esspause. So ist das letzte Drittel etwas kürzer als die ersten, was sich psychologisch positiv auswirkt. Ebenfalls positiv für die Stimmung der Jugendlichen ist es, kein Bewusstsein über die große Länge der Tour zu entfachen und somit kräfteraubenden Diskussionen vorzubeugen.

Von der nunmehr sehr positiven Grundstimmung der Jugend profitieren wiederum die Erwachsenen. So geschehen bei uns, als Ronja die ganze Gruppe in gleichmäßigem Tempo die restlichen 450hm zum Skidepot führt, wo Christoph die Führung durch steilen felsdurchsetzten Firn zum Gipfel und zurück übernimmt. Der erziehungsberechtigter Trainer nimmt hier gerührt zur Kenntnis, dass nicht alle Energie vergeblich war, die in die sportliche Aufbauarbeit geflossen ist.

Solchermaßen rundumbestätigt beschließt man den letzten Abend auf dem Refuge Adele Planchard in dem Bewusstsein, dass sich eine erbauliche Familienskitourenwoche dem Ende zuneigt.

Tag 8: Der letzte Tag bietet anfangs noch etwas Nervenkitzel, wenn mit sehr steilen langen Tragepassagen der Col des Neiges und der Col de la Casse Déserte überschritten werden. Die letzte Abfahrt über den recht spaltigen Glacier de la Grande Ruine und ins Tal des Étançon wird man führen, da in Annäherung an das Ende der Durchquerung die Konzentration nachlässt. Das letzte Skitragen bis zu unserem Ausgangspunkt la Berarde, schließt auf schöne Weise den Kreis.

Unser Fazit: Familienskitouren mit Pfiff, für alle etwas dabei